Mit Kalkstein Kohlendioxid entfernen
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Mit Kalkstein Kohlendioxid entfernen
Das kohlendioxidfreie Kraftwerk ist eine Zukunftsvision vieler, die den Klimawandel verlangsamen wollen. Professor Epple, Sie arbeiten an Wegen dies zu verwirklichen. Einer Ihrer Wege heißt "Carbonate Looping". Worum geht es dabei?
In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts war das Waldsterben ein großes Thema. In dieser Zeit war ich als junger Ingenieur bei einem Kraftwerkshersteller tätig und mit der Entwicklung von schadstoffarmen Feuerungen beschäftigt. Vom Waldsterben redet heute niemand, denn die Abtrennung der hierfür verantwortlichen Schadstoffe wurde sehr effektiv gelöst.
Nun geht es darum CO2-Emissionen zu reduzieren, da der Anstieg der CO2 Konzentration in der Atmosphäre für den Klimawandel verantwortlich gemacht wird.
Wir sehen heute unsere Aufgabe darin, das bei der Verbrennung entstandene CO2 aus den Abgasen von Großfeuerungen zu entfernen. Hier setzt das Carbonate Looping Verfahren an, welches wir im weltweit größten Maßstab an der TU Darmstadt untersuchen. Es handelt sich um eine Abtrennung von CO2 nach der Verbrennung, also um ein Post Combustion Verfahren. Dies hat den Charme, dass es sich in bestehenden Anlagen nachrüsten lässt.
Wie funktioniert Carbonate Looping?
Das Abgas, welches in einem Kraftwerk entsteht, wird nicht in den Schornstein geleitet, sondern durchströmt einen Reaktor, in welchem sich Kalziumoxid (CaO) befindet. Dies bindet das CO2 effektiv und kann als Feststoff sehr einfach in Form von Kalziumkarbonat abgetrennt werden. Das Abgas verlässt den Reaktor praktisch CO2-frei. Das CO2, welches aus dem Abgas entfernt wurde, wird in Form von Kalziumkarbonat in einen zweiten Reaktor transferiert. Dort verlässt das CO2 den Kalkstein unter Wärmezufuhr (Desorption). Das dadurch entstehende CaO (Brandkalk) wird wieder zurück in den ersten Reaktor geführt, wo es erneut CO2 einbinden kann.
Das heißt, es handelt sich um einen Kreislauf, deshalb die Bezeichnung "Looping". Wenn man dieses Material wechselweise zur CO2 Absorption/Desorption benutzt, sinkt die Reaktivität. Das heißt man muss frisches Material zugeben. Wir haben dies bilanziert und ermittelt, dass man letztlich 68kg an frischem Kalkstein benötigt um 1000 kg CO2 abzuscheiden.
Was kann "Carbonate Looping" erreichen?
Wir entfernen auf sehr effiziente Weise das Kohlendioxid von Kraftwerken. In dem Verfahren fällt Abwärme auf einem sehr hohen Temperaturniveau an, die zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Wir können die zur CO2 Abscheidung zusätzlich aufzuwendende Energie also teilweise zurück gewinnen. Nimmt man den Aufwand zur anschließend notwendigen Kompression des CO2 hinzu, so betragen die energetischen Verluste weniger als die Hälfte im Vergleich zu bisher bekannten Waschverfahren. Als Einsatzstoff kommt natürlicher Kalkstein zum Einsatz, welcher weltweit in großen Mengen vorhanden sein wird und beispielsweise in der Bauindustrie benutzt wird. Wir benutzen diesen Kalkstein zunächst für den Carbonate Looping Prozess und dieser liefert später ein CO2-freies Produkt, nämlich im Wesentlichen Kalziumoxid, also gebrannten Kalk, welcher dann beispielsweise bei der Zementherstellung als höherwertiges Produkt weiterverwendet werden soll. Damit senken wir indirekt auch die CO2 Emissionen in der Zementindustrie.
Was ist zu tun bevor Kohlekraftwerke mit Carbonate Looping nur noch Bruchteile ihrer heutigen CO2-Menge frei setzen werden?
Wir haben bereits erste Versuche mit diesem Verfahren in unserer Anlage von einem Megawatt (MW) thermischer Leistung sehr erfolgreich durchgeführt. Dabei haben wir bereits einige Tonnen an CO2 abgeschieden. Weitere Versuche werden im nächsten Jahr erfolgen. Parallel planen wir den Bau einer größeren Anlage (30MW-Großpilotanlage), welche an einem Kraftwerksstandort erfolgen soll. Hieran hat das Großkraftwerk Mannheim großes Interesse, welches uns bei dem Vorhaben neben weiteren Partnern unterstützt. Sobald erste erfolgreiche Versuche in der größeren Anlage durchgeführt worden sind, kann mit dem Bau einer Demoanlage begonnen werden. Wenn man annimmt, dass die 30 MW-Anlage im Jahr 2014 erfolgreich betrieben wird, und dann mit dem Bau einer Demoanlage begonnen wird, so kann diese im Jahr 2017 in Betrieb gehen. Die Demoanlage hat eine nahezu kommerzielle Größeneinheit. Das heißt, dann kann die Serienproduktion beginnen.
Welche Rolle spielt die neue Versuchsanlage an der TU Darmstadt in der internationalen Forschung für Abtrennverfahren?
Der erfolgreiche Betrieb der Carbonate Looping-Versuchsanlage kann sicherlich den Durchbruch dieser Technologie darstellen. Wir haben ausreichend große Anlagendimensionen, eine Reaktorhöhe von 10 m und einen Innendurchmesser von 60 cm, so dass der Einfluss von Wandreibungseffekten nicht dominiert. Dies ist ein Problem von Laboranlagen, so dass deren Versuchsergebnisse in der Regel nicht repräsentativ sind und eine verlässliche Skalierung auf größere Anlagen zulassen. Daher meinen wir, sind Versuche im 1 MW Maßstab unerlässlich. Dies stellt weltweit die größte Anlagengröße dieser Technologie dar.
Neben dem Carbonate Looping Verfahren, welches sich zur Nachrüstung eignet, entwickeln wir ein weiteres Verfahren, welches sich für Neuanlagen eignet. Dies basiert auf dem sogenannten Chemical Looping Verfahren, bei welchem anstelle einer Verbrennung mit Luft, eine rein sauerstoffbasierte Verbrennung durchgeführt wird. Die Besonderheit besteht darin, dass wir den Sauerstoff durch ein Metalloxid bereitstellen. Dieses Metall wird wechselweise in einem Reaktor oxidiert und in einem zweiten Reaktor reduziert und liefert somit den Sauerstoff für die Verbrennung. Die Entwicklung dieses Verfahrens wird von der EU und von Industriepartnern unterstützt. Somit kommt dieser Anlage an der TU Darmstadt eine Schlüsselrolle zu, da zwei äußerst vielversprechende CO2 Abscheideverfahren entwickelt werden.
Eine so große Anlage wie LISA ist weder einfach zu bauen noch leicht zu finanzieren. Wer unterstützt Sie womit?
Insgesamt erhalten wir Fördermittel von über 7 Millionen EUR.
Diese stammen vom deutschen Bundeswirtschaftsministerium, der Europäischen Union sowie zahlreichen Industriepartnern. Im Einzelnen waren dies die Firmen ALSTOM Power, E.on, Fisia Babcock, Grosskraftwerk Mannheim, Hitachi Power, Linde, Rheinkalk-Lhoist, RWE und Vattenfall. Diese Firmen unterstützen das Vorhaben nicht nur finanziell, sondern auch mit ihrem technischen Knowhow, mit Personal und mit Sachleistungen. Der Aufbau der Anlage wäre nicht gelungen ohne den unermüdlichen Einsatz der wissenschaftlichen und technischen Angestellten meines Instituts, welche dies als hochmotiviertes Team mit unseren externen Partnern exzellent gemeistert haben.
Wenn Sie zur Einweihung einen Wunsch an "LISA" äußern dürften, wie würde der lauten?
Der Name LISA steht für "Limestone based Absorption of CO2", ist aber auch der Name meiner Tochter im jugendlichen Alter. Ich gehe davon aus, dass beide bald volljährig sind und eine Bereicherung für die Gesellschaft werden. Ich bin davon überzeugt, dass der Prozess LISA einen Durchbruch für den effizienten Einsatz bei der CO2-Abscheidung bedeutet und damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz darstellt.
www.bine.info
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Datum: 05.11.2010 - 16:15 Uhr
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