Mittelbayerische Zeitung: Zur Schuldenkrise: Ob Europa oder die USA - die Staaten haben ihren Kredit verspielt.
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See, deren Kompass kaputt ist und deren Treibstoff für die
Schiffsmotoren zur Neige geht. Sie und ihr Volk fühlen sich wie
machtlose Passagiere, die von den Stürmen der Märkte erbarmungslos
gegen das Riff gedrückt werden. Die Lage ist dramatisch ernst. Europa
schafft es nicht, seine Schuldenkrise in den Griff zu kriegen und
damit den Euro den bedrohlichen Attacken zu entziehen. So
nachvollziehbar diese Befindlichkeit ist, die ganze Wahrheit drückt
sie nicht aus. Denn das Desaster hat sich deshalb entwickeln können,
weil wir die Wirklichkeit so lange ignoriert haben. Dass Griechenland
mit seinen Schulden hoffnungslos überfordert ist und sie nicht
zurückzahlen kann, hätte man längst eingestehen müssen. Ein Schnitt
ist unausweichlich, ein Teil der Kredite unwiederbringlich verloren.
Und wer in dieser Lage in Galgenhumor verfällt, der verweist auf
Italien: Wenn ein Land, das seit Jahrzehnten im Chaos dahintreibt und
es trotzdem schaffte, immer oben zu schwimmen, plötzlich auf dem
Radar der Investoren für Abschusskandidaten auftaucht, dann kann der
Abgrund nicht mehr weit sein. Kaum besser stehen die USA da.
Eigentlich noch schlechter, wenn man die Wirtschaftsdaten betrachtet.
Kaum erklärlich, wie ein derart verschuldetes Land mit gravierenden
strukturellen Problemen mit der Bestnote AAA bewertet wird. Doch auch
diese Eins mit Stern ist in Gefahr. Die Ratingagenturen drohen mit
Abstufung, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf die
Voraussetzungen für die Anhebung des Schuldenlimits einigen können.
In einem Punkt muss man den politischen Gegnern Obamas Recht geben:
Man darf die stetig ausufernde Verschuldung nicht bedenkenlos
fortführen. Nur darum geht es ihnen gar nicht. Sondern um Wahlkampf
und Ideologie. Sie wollen die ohnehin nur schwach belasteten Reichen
vor zusätzlichen Steuern bewahren und lieber bei den Armen sparen.
Und damit Obama zwingen, seine eigene Politik ins Gegenteil zu
verkehren. Sie arbeiten daran, den (einst?) mächtigsten Mann der Welt
zu demontieren und als schwächliche Marionette lächerlich zu machen.
Am Ende aber schaden die Republikaner ihrem eigenen Land und fördern
den unübersehbaren Drang Chinas, die Rolle der globalen Führungsmacht
zu übernehmen. Dass Peking durchblicken ließ, die Bonität der USA
zurückzustufen und als mit Abstand größter Kreditgeber mit Geldentzug
drohte, drückt die sich verschiebenden Gewichte aus. Fasst man diese
Gemengelage zusammen, stellt sich eine Frage, die unser
demokratisches Selbstverständnis ins Wanken bringt. Was haben die
Politiker der Macht des Marktes entgegenzusetzen? Sind sie nur noch
Erfüllungsgehilfen des Kapitals? Wozu wählen gehen, wenn der Einfluss
des Staates derart marginalisiert ist? Wer darüber klagt, blendet
einen Teil der Wahrheit aus: Generationen von Politikern und ihre
Wähler haben in zumindest partieller Einigkeit diese so übermächtige
Wucht der Märkte erst geschaffen. Indem sie teure Wahlgeschenke
verteilten respektive einforderten. Indem sie über Jahrzehnte hinweg
mehr Geld ausgaben als einnahmen. Wir haben auf Kredit gelebt - und
ihn jetzt offenbar verspielt. Die Griechen und US-Amerikaner ein
bisschen mehr, wir etwas weniger. So betrachtet ist der
Vertrauensentzug der Geldgeber logisch und unausweichlich. Vielleicht
kommt er gerade noch rechtzeitig, um das System retten zu können.
Denn an einem ist die Geldwirtschaft kaum interessiert: an ihrem
eigenen Untergang.
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Datum: 14.07.2011 - 22:19 Uhr
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