Sachverständiger muss Gutachten mündlich erläutern
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Bedeutung für Sachverständige in Bauprozessen
Das Ausgangsverfahren
Der Beschwerdeführer hatte sich in dem vom BVerfG entschiedenen Fall von den Beklagten an der Bandscheibe operieren lassen. Nach der Operation wurde festgestellt, dass hierbei ein Bauchmuskelnerv durchtrennt worden war. Der Beschwerdeführer verlangte deshalb Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro. Das angerufene Landgericht holte hierzu ein Sachverständigengutachten ein. Nach Vorlage des Gutachtens beantragte der Beschwerdeführer, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden; die Frage, ob die Durchtrennung eines bestimmten Nervs für die Operation notwendig gewesen sei, habe der Sachverständige nicht beantwortet, so die Begründung des Beschwerdeführers. Das Landgericht kam dem Antrag jedoch nicht nach und wies die Klage nach mündlicher Verhandlung ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein, die das Oberlandesgericht nach vorherigem Hinweis durch Beschluss zurückwies.
Die Verfassungsbeschwerde
Das BVerfG gab der Beschwerde statt, weil die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen. Zwar habe sich das Oberlandesgericht sowohl mit dem Antrag des Beschwerdeführers auf Anhörung des Sachverständigen als auch mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eingehend auseinandergesetzt. Letzten Endes sei es dem Antrag jedoch allein deshalb nicht nachgekommen, weil es davon ausgegangen sei, dass auch bei einer Anhörung die „eindeutigen und auch für die Parteien und das Gericht gut nachvollziehbaren Bewertungen“ des Sachverständigen nicht infrage gestellt worden seien. Damit habe sich das Oberlandesgericht allein darauf gestützt, dass ihm das Gutachten überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erschien. Das Landgericht hatte seine Entscheidung, den Sachverständigen nicht zum Termin zu laden, auf ähnliche Gesichtspunkte gestützt. Da das Gutachten „in sich schlüssig und nachvollziehbar“ sei, sei eine Ladung entbehrlich gewesen. Das jedoch, so das BVerfG, reiche als Begründung nicht aus.
Sachverständige und Privatgutachten in Bauprozessen
Die rechtlichen Möglichkeiten einer Partei, ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten zu hinterfragen und Einwendungen hiergegen vorbringen zu können – auch durch direkte Konfrontation mit dem Sachverständigen im Verhandlungstermin – sind für den Ausgang eines Bauprozesses häufig von maßgeblicher Bedeutung. Denn Bauprozesse werden immer häufiger von Sachverständigen „entschieden“. Die Rolle der Sachverständigen geht in der Bauprozesspraxis über die technisch-fachliche Unterstützung der sie beauftragenden Richter weit hinaus: Sie üben mit ihren Feststellungen maßgeblichen Einfluss auf das Prozessergebnis aus, weshalb Sachverständige zutreffend als „Schlüsselfigur“ eines Bauprozesses bezeichnet werden.
Laut einer aktuellen Empfehlung des 4. Baugerichtstages soll nun ausdrücklich gesetzlich geregelt werden, dass Richter verpflichtet seien, ein von einer Partei eingereichtes Privatgutachten in den Entscheidungsgründen „erkennbar inhaltlich zu würdigen“. „Obwohl die Verpflichtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits jetzt besteht, werden privatgutachterliche Einwendungen gegen ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten von den Instanzgerichten regelmäßig ignoriert und mit ‚Leerformeln‘ abgetan – ein erheblicher Gehörsverstoß“ so Koenen.
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