WAZ: Die Grenzen der Verfassungshüter. Kommentar von Stefan Schulte
ID: 720110
wer andere Erwartungen weckte, hat sich und das Verfassungsgericht
gnadenlos überschätzt. Wenn die Politik den Euro retten will, kann
ihnen das kein Richter verbieten. Es sei denn, sie bricht
Parlamentsrechte. Doch der Bundestag hat bisher allen Rettungspaketen
zugestimmt, er wird auch den Euro-Schirm absegnen. Deshalb fiel das
Urteil so salomonisch aus. Mit halbherzig erhobenem Zeigefinger, die
Regierung müsse die Haftung der Deutschen deckeln und weiterhin brav
das Parlament einbeziehen, winkten sie den Rettungsschirm durch. Man
kann die ganze Euro-Retterei für falsch und gefährlich halten - über
das Krisenmanagement entscheidet Berlin und nicht Karlsruhe. Sein
Urteil war unerlässlich, um Deutschland nicht in Europa zu isolieren.
Ob die Rettungsstrategie die richtige ist, weiß niemand. Auch das hat
Verfassungsrichter Voßkuhle betont und damit zugleich die Grenzen
seines Gerichts. Die Verantwortung für die schwierigen Entscheidungen
zur Euro-Rettung müssen die gewählten Volksvertreter übernehmen. Ob
sie das auch können, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch behält
sich Karlsruhe einen gewichtigen Einwand vor: Ob der unbegrenzte
Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB rechtens ist, wollen die
Richter noch klären. Hier, nicht im ESM, lauern tatsächlich nicht
abzuschätzende Risiken. Nur: Wie ein deutsches Gericht der de jure
unabhängigen Europäischen Zentralbank etwas verbieten will, bleibt
schleierhaft. Die Euro-Skeptiker sind mit ihren Bedenken nicht auf
ganz taube Ohren gestoßen. Gauweiler hätte aber am liebsten den
ganzen europäischen Einigungsprozess gestoppt. Den Gefallen haben ihm
die Richter nicht getan und damit die Demokratie gestärkt, die diesen
Weg eingeschlagen hat. Die Protagonisten dieser Demokratie haben
gleichwohl nicht mehr gewonnen als die Bestätigung ihres Auftrags.
Den Euro retten müssen sie ganz allein. Am besten, ohne dafür den
Wohlstand in Deutschland zu opfern.
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Datum: 12.09.2012 - 19:45 Uhr
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