"Freiheit zur Religion"
Nikolaus Schneider würdigt Kirchenrechtliches Institut der EKD
ID: 879057
Sperrfrist: 27.05.2013 19:30
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Es gilt das gesprochene Wort!
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD), Nikolaus Schneider, hat betont, dass die im Grundgesetz
niedergelegte Religionsfreiheit nicht so verstanden werden könne, als
solle eine laizistische Staatsordnung aufgerichtet werden. "Wenn
,Säkularität' als Normalfall konstruiert wird, bleibt Religion als
,Privatsache' übrig, als individualisierte Religion. Das will das
Grundgesetz gerade nicht", sagte Schneider heute in Göttingen
anlässlich der Einweihung der neuen Räumlichkeiten des dort
beheimateten Kirchenrechtlichen Instituts der EKD. "Mit dem
Grundrecht der Religionsfreiheit", so Schneider weiter, schaffe das
Grundgesetz bewusst auch "eine Freiheit zur Religion." Insofern habe
Religion "das Recht und den Anspruch" öffentlich zu sein.
In diesem Zusammenhang würdigte Schneider das Kirchenrechtliche
Institut der EKD. Das Institut diene dem besseren Verständnis des
Grundrechts der Religionsfreiheit und dem System der fördernden
Neutralität des Staates gegenüber den Religionsgemeinschaften, wie
das Bundesverfassungsgericht das Verhältnis von Staat und Kirche
beschreibt." Der Ratsvorsitzende betonte, dass das Göttinger Institut
keinesfalls eine "gehobene Rechtsabteilung" der Kirche sei, sondern
vielmehr in enger Anbindung an die Universität eine wissenschaftliche
Einrichtung, "die unabhängig und wissenschaftlich fundiert
kirchenrechtliche Themenstellungen aus der Praxis durchdringt,
kirchenrechtliche Vorgänge rückblickend bewertet und Entwicklungen
vorausschauend vorbereitet."
Das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in
Deutschland wurde 1945 von Rudolf Smend in Göttingen gegründet, der
das Institut bis 1969 leitete. Auf ihn folgte Axel von Campenhausen.
Im Jahre 2008 übernahm Hans Michael Heinig die Leitung des Instituts.
Weitere Infos: www.ekd.de/kirchenrechtliches_institut
Hannover, 27. Mai 2013
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Achtung! Es gilt das gesprochene Wort
Dr. h.c. Nikolaus Schneider
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD)
Grußwort anlässlich der Wiedereröffnung des Kirchenrechtlichen
Instituts der EKD am 27. Mai 2013 in Göttingen
Wenn wir heute in diesem Gebäude in der Goßlerstraße in Göttingen
in einem solchen illustren Kreis zusammenkommen, sozusagen zu einer
"akademischen Housewarming-Party", und ich als Ratsvorsitzender der
EKD zu diesem Anlass spreche, dann fragt man sich: Wozu tun wir das
eigentlich? Antworten auf ein viermaliges "Wozu?" soll mein Grußwort
geben.
1.Wozu braucht es das Kirchenrechtliche Institut überhaupt?
"Das Kirchenrechtliche Institut der EKD berät die Evangelische
Kirche in Deutschland, ihre Gliedkirchen und die gliedkirchlichen
Zusammenschlüsse in kirchen- und staatskirchenrechtlichen Fragen
durch die Erstattung von Rechtsgutachten und die Erteilung von
sonstigen Rechtsauskünften. Es wirkt mit an der wissenschaftlichen
Bearbeitung des Kirchenrechts auch auf internationalen Konferenzen."
So steht es in § 1 Absatz 1 der Ordnung des Instituts. Das Kirchen-
und das Staatskirchenrecht sind bis heute aktuelle juristische
Kernbereiche. Gerade in den letzten Jahren wurde das Verhältnis von
Staat und Kirche immer wieder neu in den Blick genommen. Einzelne
Themen wurden auch in der Öffentlichkeit hitzig diskutiert. Nicht
selten wird dabei einer "strikteren Trennung von Staat und Kirche"
das Wort geredet. Anzustreben sei, so wird von manchen gefordert,
eine säkulare, eine laizistische Republik.
Dem will ich widersprechen: Wenn "Säkularität" als Normalfall
konstruiert wird, bleibt Religion als "Privatsache" übrig, als
individualisierte Religion. Das will das Grundgesetz gerade nicht.
Mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit schafft es auch eine
Freiheit zur Religion. Religion, zumal in der pluralistischen
Ausprägung unserer Gesellschaft, hat das Recht und den Anspruch,
öffentlich zu sein.
Das Kirchenrechtliche Institut soll dem Grundrecht der
Religionsfreiheit und dem System der fördernden Neutralität des
Staates gegenüber den Religionsgemeinschaften, wie das
Bundesverfassungsgericht das Verhältnis von Staat und Kirche
beschreibt, dienen. Dabei befasst sich das Institut mit allen Themen,
die in diesem Zusammenhang angesprochen werden: Kirchenarbeitsrecht,
Staatsleistungen, Kopftuch, Kruzifix, Religionsunterricht,
Beschneidung, Anstaltsseelsorge, Feiertagsrecht, Körperschaftsstatus,
Theologische Fakultäten und vieles anderes mehr. Zugleich hat das
Kirchenrechtliche Institut mit dem evangelischen Kirchenrecht zu tun
und beantwortet Fragen z.B. zum kirchlichen Verfassungsrecht, zum
Kirchenmitgliedschaftsrecht, zum Pfarrdienst- und
Kirchenbeamtenrecht, zum Recht der Kirchengemeinden, zum
Amtshandlungsrecht. Man sieht: es ist ein weites Betätigungsfeld, das
vom Institut beackert wird. Zu allen genannten Bereichen hat das
Kirchenrechtliche Institut der EKD bereits in wissenschaftlicher
Freiheit und bei weitem nicht immer nur im Sinne der kirchlichen
Auftraggeber votiert.
Wozu also braucht es das Kirchenrechtliche Institut? Es soll auf
der Grundlage der Festlegungen durch das Grundgesetz dem Grundrecht
der Religionsfreiheit und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht
dienen, Gerichte und staatliche Stelle ebenso beraten wie die zumeist
kirchlichen Auftraggeber. 2.Wozu erfolgt die Einbindung des
Kirchenrechtlichen Instituts in die Universität?
Das Kirchenrechtliche Institut der EKD ist keine gehobene
Rechtsabteilung, die in die operative Tätigkeit des Kirchenamtes
eingebunden ist. Es ist vielmehr eine Einrichtung, die unabhängig und
wissenschaftlich fundiert kirchenrechtliche Themenstellungen aus der
Praxis durchdringt, kirchenrechtliche Vorgänge rückblickend bewertet
und Entwicklungen vorausschauend vorbereitet. Dafür arbeiten im
Institut Wissenschaftler oder angehende Wissenschaftler unter
professoraler Leitung. Dabei muss das Institut der Rechtswissenschaft
ebenso wie der Theologie gerecht werden. Zugleich hat das
Kirchenrechtliche Institut die Aufgabe, das Interesse am Kirchenrecht
unter dem akademischen Nachwuchs lebendig zu halten, für die
wissenschaftliche Betreuung von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen
und für den kirchenjuristischen Nachwuchs zu sorgen. Ein Blick in die
Liste der evangelischen Kirchenjuristinnen und Kirchenjuristen, die
heute in EKD und ihren Gliedkirchen tätig sind, macht deutlich, wie
viele von ihnen durch die Schule des Kirchenrechtlichen Instituts
gegangen sind. Es sind also klassische universitäre Aufgaben, die das
Institut wahrnimmt. In seiner Ordnung sind die wissenschaftliche
Freiheit ebenso wie die Bindung an den kirchlichen Auftrag verankert.
Beides kann das Institut mit nachhaltiger Wirkung wohl am besten
durch Einbindung in eine Universität erreichen. Deshalb heißt es auch
in seiner Ordnung: "Der Sitz des Kirchenrechtlichen Instituts soll
nur in einer Universitätsstadt im Bereich der EKD liegen, in der sich
eine Juristische und Evangelisch-Theologische Fakultät befinden." Und
zum Leiter oder zur Leiterin sollen nur Hochschullehrer berufen
werden, die die Lehrbefugnis für das Kirchen- und das
Staatskirchenrecht besitzen. 3.Wozu ist das Kirchenrechtliche
Institut gerade in Göttingen beheimatet?
Das ist in gewisser Weise ein Zufall. Man muss sich dabei die
Situation der evangelischen Kirche nach 1945 vor Augen halten. Das
Kirchenamt der entstehenden EKD bestand in den ersten Tagen mehr oder
weniger aus Lastwagen gefüllt mit Aktenordnern und aus Personal, das
sich um eine Neuorganisation der kirchlichen Verwaltung bemühte,
während sich ein Rat der künftigen EKD konstituierte. Das
Kirchenrechtliche Institut wurde schon 1945 auf Initiative des
Ratsmitgliedes Rudolf Smend, dem Kirchenrechts- und
Staatsrechtslehrer an der Universität in Göttingen, gegründet durch
den lapidaren Beschluss des Rates vom Dezember 1945: "Der Antrag von
Prof. Smend zur Errichtung einer juristisch-theologischen
Untersuchungsstelle zur Überprüfung des gültigen Kirchenrechts wird
zum Beschluss erhoben." Rudolf Smend wohnte in Göttingen. In seinem
Wohnhaus etablierte sich diese "Untersuchungsstelle", aus der das
Kirchenrechtliche Institut entstand, deren erster Leiter Smend bis
1970 war. Mit der Übernahme der Leitung durch Axel von Campenhausen
wechselte der Standort des Instituts nach München und blieb dort bis
1979. Als von Campenhausen nach Niedersachsen wechselte und
Honorarprofessor an der Universität Göttingen wurde, kehrte das
Institut mit ihm nach Göttingen zurück. 2008 übernahm als erst
dritter Leiter in der langjährigen Geschichte des Instituts Hans
Michael Heinig die Leitung. Zuvor aber war eine unbefristete
Stiftungsprofessur von der EKD errichtet worden und damit die
Entscheidung gefallen, das Institut fest an diesem Standort zu
verankern. Und schließlich:
4.Wozu braucht das Kirchenrechtliche Institut das Haus
Goßlerstraße 11?
In dieses Gebäude ist das Kirchenrechtliche Institut nach der
Rückkehr aus München gezogen als Mieter der Universität, in guter
"Wohngemeinschaft" mit dem Institut für Allgemeine Staatslehre und
Politische Wissenschaften. Das Haus liegt für die Aufgaben des
Instituts optimal in unmittelbarer Nähe zur Juristischen und zur
Theologischen Fakultät und direkt am Zentralen Hörsaalgebäude. Es hat
eine für die Belange des Instituts sehr gut geeignete Größe. Durch
Umorganisationen der Georg-August-Universität bot sich kurz nach
Errichtung der Stiftungsprofessur für die EKD die Möglichkeit, dieses
Haus von der Universität zu erwerben. So wurde aus dem Mieter ein
Eigentümer, und nach der grundlegenden Sanierung, deren Ende wir
heute feiern, bietet das Haus Raum für das Kirchenrechtliche Institut
und den Lehrstuhl der Stiftungsprofessur.
Die EKD hat wenig Kosten und Mühen gescheut. Sie hat die
Stiftungsprofessur errichtet, dieser durch den Kauf des Hauses eine
endgültige Heimat mitten auf dem Campus in Göttingen gegeben und
durch die Renovierung optimale Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Das
macht deutlich, dass die EKD die Bedeutung der wissenschaftlichen
Arbeit an den Themen Kirchen- und Staatskirchenrecht kennt und
wertschätzt, auch und gerade in einer Zeit, in der finanzielle
Ressourcen knapper werden. Mit dem Wiederbezug dieses Hauses durch
das Institut kommt ein großes Projekt der EKD zum Abschluss, das das
Kirchen- und Staatskirchenrecht im universitären Kontext am Standort
Göttingen auf Dauer sichern will.
Das ist der Moment, einen vielfachen Dank auszusprechen: einen
großen Dank an die Georg-August-Universität, die sich als Partnerin
der EKD der Verankerung des Kirchen- und Staatskirchenrechts in der
Lehre der Universität verpflichtet hat. Die Evangelische Kirche in
Deutschland weiß dies zu schätzen und ihr Institut in den Mauern
dieser Universität gut aufgehoben. Zu danken ist heute besonders dem
Architekten und den Bauleuten, die dieses schöne Haus so wunderbar
wieder hergestellt haben. Für die Begleitung der Bauphase möchte ich
aus dem Kirchenamt der EKD namentlich Frau Schoppe-Holzapfel nennen
und ihr danken. Sie hat sich mit Herzblut dieser Aufgabe angenommen.
Schließlich danke ich dem Leiter des Instituts, Hans Michael Heinig,
seinen wissenschaftlichen und studentischen Mitarbeitern und seiner
Sekretärin, Frau Gemm. Sie haben die Zeit der provisorischen
Unterbringung und die mühsamen Umzüge tapfer, aber sicher in
Vorfreude ertragen.
Gott möge seinen Segen sichtbar auf uns allen und auf diesem
Institut ruhen lassen, auf dass die Zusage der heutigen Tageslosung
aus Jesaja 51, 4 auch durch das Wirken des Kirchenrechtlichen
Institutes erfahrbar wird: "Merkt auf mich, ihr Völker, und ihr
Menschen, hört mir zu! Denn Weisung wird von mir ausgehen, und mein
Recht will ich gar bald zum Licht der Völker machen."
Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de
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