Wieder auf Schmusekurs / Vorbei sind die Zeiten, in denen CDU und CSU wegen Merkels Flüchtlingspolitik über Kreuz lagen. Der Kampf gegen die Pandemie schweißt zusammen. Kommentar von Reinhard Zweigler
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Wie sich die Zeiten und die politischen Konstellationen ändern. Unvergessen der bisherige Tiefpunkt der zerrütteten Beziehung, als Horst Seehofer im November 2015 Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag abkanzelte wie ein Schulmädchen, das eine Sechs für ihren Aufsatz erhalten hatte. Geschlagene 13 Minuten lang las er der Kanzlerin auf offener Bühne die Leviten über ihre, aus Sicht der Christsozialen, viel zu lasche, viel zu liberale Flüchtlingspolitik. Dass die damals - und vielleicht noch heute - mächtigste Politikerin der Welt, die Tiraden des damaligen bayerischen Löwen ohne mit der Wimper zu zucken hinnahm, offenbarte ein großes Maß an Duldsamkeit und Leidensfähigkeit. Sie wollte Seehofer nicht den Triumph gönnen, sie von der Bühne zu fegen.
Das belastete schwesterliche Verhältnis von Christsozialen und Christdemokraten hat sich mit der extremen Herausforderung durch die Corona-Pandemie gründlich verändert. Diese Herkulesaufgabe duldet einfach kein Parteiengezänk, auch keinen Fundamentalstreit. Schon gar nicht zwischen den beiden Schwarzen. Außerdem, CDU und CSU haben immer dann Wahlen gewonnen und die Bundesrepublik regiert, wenn sie sich - weitgehend wenigstens - einig waren.
Das bedeutete freilich nicht, dass es keinerlei Meinungsunterschiede, unterschiedliche Schwerpunkte und keinerlei persönliche Reibereien gegeben hat. Man denke nur an das spannungsgeladene Verhältnis der Altvorderen Franz Josef Strauß und Helmut Kohl. Merkel freilich hat das brüchige Verhältnis zu Seehofer allerdings nie über Gebühr strapaziert. Sie hat den einstigen CSU-Chef vielmehr ein ums andere Mal ins Leere laufen lassen. Inzwischen ist der von Bayerns Thron abgewählte Seehofer seit drei Jahren in Merkels Kabinettsdisziplin eingebunden. Die Frage, wer hier Köchin und wer Kellner ist, hat sich damit erledigt.
Der neue, starke Mann der CSU heißt schon geraume Zeit Markus Söder. Und mit dem pragmatischen Franken hat sich das Verhältnis zu Angela Merkel, die seit über zwei Jahren "nur noch" Bundeskanzlerin ist, entspannt. Bei der Bekämpfung der tückischen Pandemie erweisen sich beide als Mahner sowie Verfechter harter Maßnahmen. Oft genug preschte Söder mit bayerischen Sonderwegen sogar vor. Sehr zum Ärger einiger anderer Landes-Regierungschefs, die sich bis in den Herbst hinein mit Forderungen nach Lockerungen überboten, von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten und Möchtegern-CDU-Chef Armin Laschet bis zu Manuela Schwesig, SPD-Regierungschefin aus dem Nordosten.
Die derzeit offenkundige Harmonie in der Union verdeckt freilich, dass es weiterhin Unterschiede zwischen CSU und CDU, auch bisweilen unterschiedliche Interessen zwischen dem weiß-blauen Freistaat und dem Rest der Bundesrepublik gibt. Die nächste Belastungsprobe für die neue schwarz-schwarze Eintracht dürfte bereits die Kür eines gemeinsamen Unions-Kanzlerkandidaten im späten Frühjahr werden. Auch weil Merkel ihre anfänglichen Bedenken gegen Söder offenbar aufgegeben hat, stehen die Zeichen für den CSU-Chef günstig.
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Datum: 07.01.2021 - 19:00 Uhr
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